Ein Feiertag (in Berlin) allein reicht nicht aus

Veröffentlicht am 10. März 2021

Wenn seit 2019 in Berlin der Internationale Tag der Frauen als gesetzlicher Feiertag einen zusätzlichen freien Arbeitstag nicht nur Frauen beschert wird, so ist das sicherlich ein Gewinn und die Möglichkeit für alle diesen Tag noch bewusster zu begehen. Sei es, dass man sich an einer der Aktionen beteiligt und oder auch durch Gespräche und Plakate aufmerksam macht darauf, dass weltweit Frauen und Mädchen noch viel Ungerechtigkeit und Ungleichbehandlung erfahren, vielfach leider auch noch krasse Gewalt und tägliche Unterdrückung. Wenn man diesen als rein freien Tag genießt, bleibt er dann doch immer noch dieser Erinnerungstag, der – ähnlich dem 1.Mai – aufzeigen soll, warum er er diese Bedeutsamkeit bekam und wirkt für sich – hoffentlich.

Freilich, allein ein freier Tag oder ein gesetzlicher Feiertag reicht nicht aus und es müssen sich im Alltag Dinge bewegen, ob im Beruf oder aber auch in der häuslichen Gemeinschaft. Es kann nicht sein, dass es immer noch so ist, dass Frauen dieselbe Tätigkeit ausübend vom Arbeitgeber geringer bezahlt werden als ihre männlichen Kollegen. Gut, dass das Bundesarbeitsgericht diesbezüglich gerade die Rechte von Frauen gestärkt und entschieden hat, dass ungleiche Bezahlung ein ausreichendes Indiz für die Diskriminierung von Frauen ist. Dass dabei Deutschland eines der Schlusslichter in der Europäischen Union darstellt, wird auch mit Aktionen am sogenannten Equal Pay Day (10.3.) unterstrichen. Automatisch sind es dadurch Frauen die oft stark von Altersarmut betroffen sind.

Dass Frauen immer noch als hauptverantwortlich für Haushalt und Erziehungsarbeit betrachtet werden, sieht man jetzt auch gerade wieder deutlich zu Zeiten der Pandemie. Wer ist beim Homeschooling meist für die Unterstützung der Kinder zuständig, wer bleibt zuhause, wenn keine Kinderbetreuung außerhalb gewährleistet ist: die Frauen. Protest kommt schon auf, siehe Hashtag #coronaeltern, auch Reportagen wie Interviews im Fernsehen, aber insgesamt verhallt es doch nahezu ungehört. Darum ist es besonders in diesem Jahr, wo aufgrund der Pandemie-Regeln kaum Veranstaltungen möglich sind, nicht leise zu bleiben und auf Missstände aufmerksam zu machen.

Positiv zu sehen ist sicher die Frauenquote, die die Bundesfamilienministerin Franziska Giffey (SPD) und die Bundesjustizministerin Christine Lambrecht (SPD) erarbeitet und durchgebracht haben. Das ist natürlich ein guter Anfang. In Zukunft muss in den Vorständen börsennotierter und paritätisch mitbestimmter Unternehmen mindestens eine Frau sitzen, wenn dieser Vorstand mehr als drei Mitglieder hat. So steht es in dem Gesetzentwurf. Natürlich reicht diese Regelung nicht aus und man ahnt, dass es Schlupflöcher geben wird, aber es ist ein großer Gewinn und Meilenstein. Olaf Scholz, Bundeskanzlerkandidat der SPD geht mit dem Versprechen der Parität in den Bundeswahlkampf. Damit solidarisiert er sich mit den Forderungen nicht nur der Parteigenoss*innen und unterstreicht, dass es keineswegs eine spinnige Idee von auf Krawall gebürsteten Emanzen ist, wie es doch noch von manch anderer Seite abgewertet wird, wenn Frauen darauf aufmerksam machen mit wenig Prozentanteilen man bspw. auch im Bundestag vertreten ist. Derzeit 31%; im vorherigen 19. Bundestag waren es übrigens 36,3%. Es gilt also einen Roll-Back aufzuhalten und dafür weiter zu kämpfen wofür bereits Clara Zetkin, eine deutsche Frauenrechtlerin und Sozialdemokratin sich mit aller Kraft einsetzte und 1911 einen ersten Erfolg beim ersten Weltfrauentag erlebte. Damals ging es auch um das Frauenwahlrecht, das 1919 dann eigeführt wurde, aber 1933 bereits wieder wie auch der Weltfrauentag, verboten wurde. Und es gibt sie ja bereits, die eine vor allem auch rassistische Partei im Bundestag, die auf Stimmenfang mit einem rückwärtigen Frauen- und Menschenbild geht und die Selbstbestimmung heute lieber als morgen eingeschränkt haben möchte.

1993 wurde auf der Menschenrechtsweltkonferenz volle gleichberechtigte Teilhabe von Frauen am bürgerlichen, politischen, wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Leben auf nationaler wie internationaler Ebene als Ziel festgelegt und Diskriminierung aufgrund des Geschlechts zu ahnden. Dass dies noch keineswegs erreicht ist, wird niemand bestreiten. Immer noch gibt es mit Ländern wie Bhutan oder Brunei Länder, in denen Frauen kein Wahlrecht haben, in Saudi-Arabien wurde es erst 2015 eingeführt und im Libanon dürfen Frauen nur ab einem bestimmten Bildungsgrad wählen gehen.

Die Rechte der Frauen werden tagtäglich aber auch unter dem Gesichtspunkt der UN-Menschenrechte und unter dem Recht auf körperlicher Unversehrtheit eines jeden Einzelnen mit Füßen getreten. Millionen von Frauen, die weltweit unter körperlicher und seelischer Gewalt leben müssen. Hier seien nur Stichworte wie Beschneidungen, Zwangsprostitution, Zwangsverheiratung genannt oder die Tatsache, dass Mädchen im Mutterleib abgetrieben oder direkt nach der Geburt getötet werden.

 

Am Weltfrauentag gilt es auch sich mit diesen Frauen und Mädchen zu solidarisieren und dieses Menschenunrecht immer wieder anzuklagen.

 

 

Andrea Collisi (Stadträtin und stellvertretende Vorsitzende AsF Schwaben)

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